Unsere neue Portfolio Managerin Anastasiya Lutskova im Interview mit der HSBA

Internationals: Mein Auslandsstudium in Deutschland – Von Baranowitschi (Belarus) nach Hamburg

Anderes Land, neue Sprache, unbekannte Sitten – Unsere frischgebackene Absolventin Anastasiya Lutskova, gebürtige Belarussin, hat mit uns darüber gesprochen, warum es sich lohnt die große Herausforderung Auslandsstudiums anzunehmen.

Seit 2018 studiert Anastasiya Lutskova erfolgreich Business Administration (BSc) an der HSBA Hamburg School of Business Administration. Gerade hat sie ihren Abschluss gemacht und hält auf der Graduierungsfeier stolz ihre Bachelor-Urkunde in Händen. Sie hat in den letzten vier Jahren etwas geschafft, was sich vielleicht nicht alle jungen Menschen zutrauen. Mit ihrer Geschichte wollen wir anderen Schülerinnen und Schülern Mut machen und zeigen, dass man Vieles erreichen kann, wenn man nur will. Ein klares Ziel vor Augen und eine große Portion Mut und Selbstvertrauen gehören natürlich auch dazu. Wir wünschen Frau Lutskova alles Gute für die Zukunft und sagen: Віншую і жадаю поспехаў / Vinšuju i žadaju pospiechaŭ!

Liebe Anastasiya Lutskova, woher kommen Sie genau und seit wann sind Sie in Deutschland? Ist Ihre Familie auch in Hamburg? 

Ich komme aus Belarus und wohne seit Anfang 2017 in Deutschland. Mein Abitur habe ich mit 16 Jahren in Belarus gemacht und bin dann im Januar 2017, damals war ich 17 Jahre alt, nach Hamburg gekommen. Meine ganze Familie wohnt in Belarus, d.h. dass ich seit dem 17. Lebensjahr weit entfernt von meinen Eltern und Verwandten wohne. 
In Deutschland habe ich dann noch im selben Jahr, also 2017, die sog. Feststellungsprüfung am Studienkolleg Hamburg abgelegt. Diese Prüfung ist für internationale Studierende meist Voraussetzung, um an einer Hochschule in Deutschland zugelassen zu werden und belegt, dass man in studienrelevanten Fächern Abiturniveau besitzt. 

Dann waren Sie gerade mal eineinhalb Jahr in Deutschland als Sie an der HSBA angefangen haben zu studieren! Das ist beeindruckend. Warum wollten Sie in Deutschland studieren und wie sind Sie auf die HSBA gekommen?

In der 9. Klasse bin ich auf die Idee gekommen, dass es gar nicht verkehrt wäre, ins Ausland zu gehen. In der Schule habe ich Deutsch gelernt und so hatte sich die Frage nach der Wahl des Landes von selbst erledigt. Darüber hinaus herrscht im Osten die Überzeugung, dass ein deutsches Studium, ein deutscher Bachelor sehr wertvoll und weltweit geschätzt ist, denn die Deutschen stehen für "Zuverlässigkeit, Ordnung und Pünktlichkeit". 

Mein ursprünglicher Plan bestand darin, sofort nach der Schule nach Deutschland zu gehen, um hier dann direkt mit einem Studium anzufangen. Als ich dann nach Hamburg zog, war ich 17 Jahre alt und musste feststellen, dass ich mit dem Studium nicht sofort anfangen durfte. Bevor ich meine Reise an der HSBA beginnen konnte, musste ich noch ein Jahr am Studienkolleg Hamburg studieren, um mich für das Studium zu qualifizieren. Der Abschluss des Studienkollegs ist dem deutschen Abitur vergleichbar und meist erforderlich, wenn man mit einem ausländischen Schulabschluss an einer deutschen Hochschule studieren möchte. 

An der HSBA hat mich das duale Studienmodell mit Wechseln zwischen Hochschule und Unternehmen überzeugt. Nicht an allen Hochschulen gibt es ein ähnliches Ausbildungssystem. Das duale Studium gibt dir die Chance, sofort in die Arbeitswelt einzutauchen und vom ersten Tag an Erfahrungen zu sammeln. Außerdem bieten einige Unternehmen zusätzlich noch die Möglichkeit, parallel zum Bachelor-Abschluss eine Ausbildungsprüfung bei der Handelskammer zu machen. In meinem Fall war das die Ausbildung zur Kauffrau im Groß- und Außenhandelsmanagement. 

Lange Rede, kurzer Sinn: Auf die Frage "Warum HSBA?" kann ich antworten, dass man aus den drei Jahren an der HSBA sehr viel mitnimmt. Insbesondere wenn man noch eine weitere Fremdsprache lernt, kann man schon eine Menge an Kenntnissen und Kompetenzen erwerben. Ich habe zum Beispiel während des Studiums mit Chinesisch angefangen. An anderen Hochschulen müssen die Studierenden für Vergleichbares viel mehr Zeit investieren. 


Wie sind Sie zu Ihrem jetzigen Arbeitgeber und ehemaligem Partnerunternehmen Illies & Co gekommen? 

Durch einen Kontakt über Freunde meiner Familie in Deutschland habe ich während der 9. Klasse ein einwöchiges Schülerpraktikum bei C. Illies & Co absolviert. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei meinen Freunden aus „der alten Ziegelei“ & Umgebung bedanken und sie ganz herzlich grüßen! Mein Vater war damals für eine Woche mit mir in Hamburg und wir haben uns damals auch die HSBA etwas näher angesehen und uns informiert. Mir ist bei diesem Praktikum klar geworden, dass ein Auslandsaufenthalt durchaus realistisch ist und ich es schaffen könnte. Also habe ich mich auch für das duale Studium erneut bei Illies beworben und die Gelegenheit genutzt, das Unternehmen (und viele andere natürlich auch) im Rahmen der von der HSBA angebotenen Wirtschafts-Speed-Datings besser kennenzulernen. Als mir Illies dann eine Stelle anbot, war dies für mich perfekt und ich habe sofort zugegriffen.  

Wie war es für Sie in Deutschland / Hamburg zu studieren? Gab es besondere Hürden und wie sind Sie damit umgegangen bzw. zurechtgekommen? 

Es hat sich herausgestellt, dass Deutschland ein sehr bürokratisches Land ist, etwas, das ich vorher nicht wusste. Über die bürokratischen Hürden und Herausforderungen könnte man ein ganzes Buch schreiben, aber das sind einfach die Nuancen, mit denen keine Studentin, kein Student aus dem Ausland umgehen kann. 
Als ich meine ersten Schritte in Deutschland gemacht habe, war ich minderjährig, und so gab es schon allein aufgrund meines Alters immer einige Hindernisse (z.B. bei der Eröffnung eines Bankkontos, bei der Unterzeichnung eines Zimmermietvertrags u.a.). Für die verschiedenen Situationen muss man dann einfach eine Lösung finden. 
Das Besondere für Studierende aus dem Ausland ist, dass für sie einfach alles neu ist.  Nicht nur die Lerninhalte, sondern auch das gesamte Alltagsleben um sie herum, zu jeder Zeit. Ich musste mich an alles neu gewöhnen, alles neu entdecken, von der Art der Brötchen, die die Bäckerei anbietet, bis hin zu solchen ernsten Themen wie Arbeitsgesetz und Steuerrecht.

Auch die Traditionen sind anders. Dazu gibt es eine sehr komische Geschichte, über die ich immer wieder lache: An meinem ersten Tag in Deutschland habe ich meine heutige beste Freundin getroffen. Sie hat mich umarmt, um mich zu begrüßen, was hier in Deutschland üblich ist, um Hallo zu sagen - vor allem vor Corona. Daraufhin habe ich sie typisch russisch begrüßt – mit Küsschen rechts und links. Sie hat mich sehr verwundert angeschaut und gefragt: "Was war das? Was machst du?" Mir war das damals sehr peinlich, aber heute lachen wir oft darüber und es ist sehr lustig, daran zurückzudenken. 


Erste Deutschkenntnisse hatten Sie ja bereits aus der Schule in Belarus mitgebracht. Durch das Jahr am Studienkolleg Hamburg konnten Sie Ihre Sprachkenntnisse sicherlich schon festigen. Aber in einer anderen Sprache als der Muttersprache zu studieren und neue, komplexe Lerninhalte aufzunehmen, stelle ich mir dennoch sehr herausfordernd vor. Wie war das für Sie?   

In den ersten Monaten, besonders im ersten Semester, musste ich gefühlt dreimal mehr als deutsche Studierende machen. Am Anfang war es einfach wirklich viel. Und das lag natürlich vor allem an der Sprache, denn es dauert eine Weile, bis der neue Wortschatz gefestigt ist und man ein Sprachgefühl für Hochdeutsch entwickelt. Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich in den ersten zwei Monaten täglich nach der Uni zwei Stunden schlafen musste. Die Vorlesungen waren auf Deutsch und Englisch, einiges musste ich erst ins Russische oder Belorussische übersetzen, bevor ich die neuen Lerninhalte verarbeiten konnte. 
Hinzu kam, dass ich mich in meiner Schule in Belarus und in meiner Zeit am Studienkolleg in Hamburg ganz und gar auf Deutsch fokussiert hatte. Für das Studium an der HSBA braucht man aber ja auch Englisch, und zwar mindestens Niveau B2. Dieses "kleine" Problem kam dann noch hinzu und ich hatte nur fünf Monate Zeit, um Englisch mindestens bis zum Niveau B2 zu lernen. Das war definitiv herausfordernd, aber machbar.


Was hat Sie besonders fasziniert / überrascht / begeistert / irritiert an einer deutschen Hochschule bzw. im Berufsalltag? Gibt es ein besonderes Erlebnis, dass Sie mit uns teilen möchten?  

Mich hat die deutsche Offenheit begeistert. Ich fühlte mich immer sehr willkommen in meinem Unternehmen und auch an der Hochschule. Alle waren immer bereit mich zu unterstützen und mir zu helfen. Die Menschen sind auf mich zugegangen, das ist in meinem Heimatland eher anders. Wenn man in Belarus in ein neues Team kommt, muss man als Neueinsteiger erstmal beweisen, dass man nicht umsonst hier ist. Und damit will ich nicht sagen, dass eins schlechter oder besser ist, es ist nur ein anderer Ansatz.
Mir gefällt es gut, dass man in Deutschland in jedem Alter mit dem Studium anfangen kann. Es ist auch in Ordnung, wenn man gar nicht studiert, sondern erst eine Ausbildung oder überhaupt ein "Gap Year" macht, um seinen Lebenszweck zu finden. In Belarus ist es im Prinzip auch so, dennoch gibt es eine gewisse Erwartungshaltung, dass man schon mit 16 oder 17, also direkt nach der Schule, an die Universität gehen sollte. Sonst wird man komisch angesehen. Dabei wissen viele belarussische Studentinnen und Studenten in dem Alter noch gar nicht, ob sie das richtige Studienfach für sich gewählt haben. Sie wählen oft das, was ihnen ihre Freunde oder Eltern empfehlen. 
Außerdem werden Studierende an vielen belarussischen Universitäten mehr oder weniger wie in der Schule behandelt: so werden beispielsweise Hausaufgaben aufgegeben, die man unbedingt machen soll. In Deutschland wird alles eher den Studierenden überlassen, sie handeln stärker eigenverantwortlich. Selbststeuerung und die eigene Motivation spielen eine große Rolle. Aber natürlich gilt das nicht für alle Universitäten in Belarus. 


Welchen Rat oder Tipp würden Sie anderen Studierenden mit auf den Weg geben wollen, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen? 

Besonders wichtig und an aller erster Stelle steht gute Vorbereitung. Bereitet Euch immer sehr sehr gut vor! Sei es für den Visumsantrag, das Gespräch in der Botschaft oder das Vorstellungsgespräch beim Unternehmen. So fühlt Ihr Euch trotz der mangelnden Sprachkenntnisse relativ sicher, könnt selbstbewusst auftreten und auch auf Unerwartetes viel besser reagieren. Lasst Euch nicht verunsichern, hebt Eure Stärken deutlich hervor und seid entschlossen!

Dazu gehört vor allem auch, dass Ihr Euch nicht schämen solltet, Deutsch zu sprechen! Natürlich ist es nicht perfekt, aber die Deutschen mögen es, wenn jemand aus dem Ausland sich Mühe gibt, um die Sprache zu lernen. 

Und drittens: Versucht unbedingt neben dem Studium das Land zu entdecken und dokumentiert Eure Zeit im Ausland vielleicht durch das Führen eines Tagebuchs oder das Schreiben eines Blogs. So werdet Ihr die Erinnerungen ein Leben lang bewahren.


Was haben Sie für Ihre Zukunft geplant? Was machen Sie nach Ihrem Studium? 

Ich bin sehr froh, dass ich von meinem Partnerunternehmen C. Illies & Co. übernommen wurde. Während meines Studiums hatte ich die Gelegenheit im Bereich "Business Development" und "Nachhaltigkeit" zu arbeiten. Die beiden Bereiche finde ich sehr interessant und zukunftweisend. Die Arbeit in so einem internationalen Unternehmen wie C. Illies & Co. ermöglicht es mir, einzigartige Erfahrungen zu machen und auch weitere Länder, Kulturen und Menschen kennenzulernen.